Design Thinking ist ein systematischer Ansatz, mit dem wir kundenzentriert und iterativ komplexe Probleme aus unterschiedlichsten Bereichen lösen können. Dabei werden Kreativtechniken eingesetzt, um neue Ideen und Innovationen zu einem bestehenden Problem zu entwickeln. Es geht insbesondere darum, die wirkliche Wurzel eines Problems anzugehen und nicht nur die offensichtlichen Symptome aufzulösen.

Die Entstehung von Design Thinking

Auch wenn Design Thinking vor allem in den vergangenen Jahren einen ziemlichen Hype erlebt hat, reicht die Grundidee viel weiter zurück.

Wie der Name schon vermuten lässt, kommt der Ansatz aus der Welt des Designs. Wichtige Grundprinzipien gehen insbesondere zurück auf das Bauhaus der 1920er Jahre und dessen Begründer Walter Gropius. Wesentliche Charakteristika und Neuheiten der Bauhaus Schule waren Interdisziplinarität und der Fokus auf Funktionalität. Dies lässt sich auch im heutigen Verständnis wiederfinden. Beiden Ansätzen zufolge werden Probleme am besten in heterogenen Teams und mit einem klaren Fokus auf den Bedürfnissen potenzieller Nutzer*innen gelöst.

Design Thinking so wie wir es heute verstehen und anwenden, geht auf David Kelley, den Gründer der Design- und Innovationsagentur IDEO zurück. Er entwickelte die Methode des mehrschrittigen Design Thinking Prozess. Gemeinsam mit den Professoren Terry Winograd & Larry Leifer der Stanford University hat er den Ansatz weiterentwickelt und verbreitet. Mit der Gründung des Hasso Plattner Insitute of Design an der d.school der Stanford University fand das Design Thinking Anfang der 2000er Jahre den Weg in die Tech-Szene im Silicon Valley. Von dort eroberte es in den letzten Jahren als Methode für die innovative Entwicklung von Produkten und Services auch die Büros eher klassischer Unternehmen. Seit 2007 gibt es in Deutschland die HPI School of Design Thinking, an der man Design Thinking von Grund auf lernen kann.

Die 3 Säulen des Design Thinking

Das Konzept des Design Thinking beruht auf 3 Säulen – das Team, der Raum und der Prozess (People, Place and Process).

Das Team

Ein Team sollte möglichst heterogen besetzt sein. So fließen viele verschiedene Perspektiven in den Prozess ein. Das kann anfänglich eine große Herausforderung für das Team sein, führt aber im Endeffekt zu einem besseren Ergebnis.  Durch die Heterogenität werden wir immer wieder herausgefordert, die eigene Perspektive zu hinterfragen, gewohnte Denkmuster zu verlassen und so ganz neue Lösungswege in Betracht ziehen zu können. Das erfordert großes Vertrauen und eine ausgeprägte Feedbackkultur im Team. In einem Design Thinking Team gibt es keine Hierarchien und keine Macht. Alle arbeiten auf Augenhöhe gemeinsam an dem Problem und möglichen Lösungswegen. Das bedeutet zum Beispiel, dass jeder selbst die eigenen Gedanken notiert, Ideen von anderen nicht kritisiert und Entscheidungen gemeinsam getroffen werden.

Der Raum

Eine kreative Methode wie das Design Thinking braucht auch eine entsprechende Umgebung, die zur Kreativität anregt. Wenn wir unsere üblichen Denkmuster verlassen wollen, hilft es bereits gewohnte Räumlichkeiten hinter sich zu lassen. An einem Konferenztisch mit gemütlichen Stühlen, die zum Zurücklehnen einladen, entstehen selten kreative Ideen. Design Thinking Räume sollten Flexibilität und Freiheit bieten, da wir nicht wissen was im Prozess auf uns zukommt.

Das bedeutet beispielsweise, dass wir verschiedene Flipcharts, Whiteboards, Pinnwände aber auch Zettel, Stifte, Marker und Klebepunkte jeglicher Art zur Verfügung haben, um unsere Gedanken zu visualisieren. Außerdem sollte eine bunte Kiste mit einer Vielfalt an Materialien für das Prototyping parat stehen. Oft befindet sich lediglich ein Stehtisch in der Mitte an dem wir uns als Team versammeln können, bzw. gibt es weniger Stühle als Teilnehmer*innen, sodass einige Personen stehen müssen. Für viele Menschen ist es oft ungewohnt im Stehen zu arbeiten, aber unsere Erfahrung hat gezeigt, dass so schnell ein sehr dynamischer Prozess entsteht.

Der  Prozess

Der Design Thinking Prozess verläuft in mehreren Phasen. Die genaue Anzahl der Phasen kann abweichen, meistens sind es 5 oder 6. Für uns haben sich folgende 6 Phasen bewährt:

  • Problem verstehen

  • Nutzer*innen beobachten

  • Standpunkt definieren

  • Ideen finden

  • Prototyp entwickeln

  • Lösung testen

Es handelt sich beim Design Thinking um ein dynamisches und iteratives, nicht um ein strikt lineares Vorgehen. Auf Basis der jeweiligen Erkenntnisse entscheiden wir, ob wir in die nächste Phase übergehen oder noch einmal einen oder mehrere Schritte zurück gehen sollten.

Innerhalb der Phasen nutzen wir unterschiedliche Kreativitätstechniken, oder auch Design Thinking Methoden, um das Problem sowie die Nutzer*innen und deren Bedürfnisse zu erkennen und innovative Lösungsansätze zu entwickeln und zu verproben.

Das Design Thinking Mindset

Design Thinking ist mehr als der Prozess und die Methoden an sich. Wer den Ansatz praktiziert, hat ein bestimmtes Mindset verinnerlicht, das ermöglicht altbekannte Denkmuster zu verlassen und so zu kreativen Lösungen zu kommen. Im Abschnitt „Das Design Thinking Team“ ist bereits deutlich geworden, dass der Ansatz eine besondere Kultur und bestimmt Werte lehrt und erfordert. Die folgenden Grundsätze sind dabei besonders wichtig:

Zeige Empathie

Bei Innovation und der Entwicklung neuer Angebote liegt der Fokus immer auf den den Nutzer*innen. Wir wollen die Bedürfnisse, Verhaltensweisen, Emotionen und Werte der Menschen verstehen und ihre Perspektive einnehmen. Nur so können wir eine für sie optimale Lösung erarbeiten.

Bleibe neugierig

Sowohl beim Verstehen des Problems als auch bei der Ideenfindung ist Neugierde gefragt.  Dabei tolerieren wir alle Ideen, die im Team aufkommen und denken diese weiter. Ideen werden nicht schlecht geredet oder als unrealistisch abgestempelt.

Sei mutig

Wir nutzen die Methode, um komplexe Probleme zu lösen. Diese treten insbesondere auf, wenn es viele Variablen, Stakeholder und keine offensichtliche Lösung gibt. Mut hilft dabei, mit Unsicherheit umzugehen und darin Chancen zu sehen.

Lerne durch Ausprobieren

Wir handeln schnell, anstatt unendlich zu planen und zu diskutieren. Wir treten mit unseren Nutzer*innen in direkten Kontakt und vermeiden Spekulationen aus der Ferne. Ein iteraktives Vorgehen hilft uns dabei, eine Idee Stück für Stück weiter zu formen. Dafür braucht es jedoch eine notwendige, hohe Toleranz gegenüber Fehlern und dem Scheitern. Nur durch diese Erfahrungen können wir lernen und so eine wirklich gute Idee entwickeln, die Nutzer*innen auch annehmen.

Design Thinking in der Praxis

Grundsätzlich kann das Design Thinking Mindset und die Kreativmethoden in jeder Lebenslage bei der Lösung von Problemen helfen. In Unternehmen findet die Methode zunehmend Anwendung bei der Entwicklung innovativer Produkte und Services. Das Mindset ist anders als eine klassische Herangehensweise in der Entwicklung von Produkten und Services. Viele von uns haben gelernt, schnell in Lösungen zu denken. Mit dem Fokus auf den Fragen “Was brauchen unsere Nutzer*innen wirklich?” und “Bei welchem Problem wollen wir ihnen helfen?” stellen wir Wirtschaftlichkeit und finale Machbarkeit zunächst in den Hintergrund und lassen der Kreativität freien Lauf.

Einige tolle Beispiele für erfolgreiche Design Thinking Produkte und Eindrücke, wie der Weg dahin aussehen kann findet ihr hier: 3 berühmte Design Thinking Beispiele aus der Praxis

Grundsätzlich lässt sich das Design Thinking Mindset und auch die Methoden gut mit anderen Ansätzen wie Lean Canvas, ScrumKanban oder ähnlichem aus dem Bereich Agilität vereinen. Die Methoden lassen sich ebenso für eher klassische Workshops adaptieren. Versucht doch einmal die Fragestellung, an der ihr arbeitet, in das Format einer Design Challenge zu gießen. Anstatt dann gemeinsam am Tisch über Nutzer*innenbedürfnisse zu philosophieren, geht doch einfach raus und führt Explorative Interviews. Nutzt unterschiedliche Brainstorming Methoden, oder die 6-3-5 Methode, um daraufhin Ideen zu generieren und startet dann mit eurem Design von Prototypen. Das mag für ein physisches Produkt im ersten Moment leichter erscheinen, funktioniert aber natürlich genauso gut für Services.