Digitales oder remote Recruiting stellt viele Unternehmen vor Herausforderungen. Man kann schlicht die Fragezeichen in den Augen sehen. Wie sieht digitales Recruiting aus? Kann man jemanden einstellen, den man vorher noch nie gesehen hat?
Wir bei nativDigital haben uns genau diese Fragen gestellt. Voller Vorfreude haben wir Anfang des Jahres beschlossen unser Team zu vergrößern. Das war ein besonderer Moment für uns. In den letzten Jahren haben wir fest in unserer bestehenden Teamkonstellation gearbeitet. Nun wollen wir das erste Mal wachsen.
Nach der Ausschreibung der Stelle haben uns erste Bewerbungen erreicht. Dass dann doch alles anders kommt als geplant, konnten wir nicht ahnen. Durch die Veränderung der Rahmenbedingungen, bedingt durch den Covid-19 Ausbruch, mussten wir unser Recruiting komplett umkrempeln. Dabei haben wir viel gelernt und möchten mit euch unser Vorgehen im digitalen Recruitingprozess teilen.
Von analog zu digital – unser bisheriger Recruitingprozess
Unser digitales Recruiting – alles steht Kopf
Anfang März war klar für uns, dass wir unseren Recruitingprozess dieses Mal so nicht durchführen können. Mitte März war dies dann auch offiziell nicht mehr möglich. So haben wir schnell entscheiden müssen, wie wir weiter machen. Suchen wir weiter? Suchen wir später? Stellen wir den Recruitingprozess ein? Wenn wir weiter machen, wie kann das aussehen?
Wir haben uns dafür entschieden dran zu bleiben und unser Recruiting komplett digital zu gestalten.
Die Entscheidungsfindung
Die Entscheidung wen wir einstellen, treffen wir gemeinsam im Team. Sowohl im analogen als auch im digitalen Recruitingprozess. Nach dem Team Kennenlernen lassen wir bewusst ein paar Tage vergehen, sodass jede*r im Team seinen Eindruck festigen kann. Im Anschluss besprechen wir unsere Eindrücke aus den Gesprächen und treffen eine Entscheidung.
Die Erkenntnisse aus dem digitalen Recruiting
Jemanden einzustellen ist immer ein toller Moment. Ein neues Teammitglied verändert immer die Teamkultur, manchmal auch die Arbeitsweisen. Daher ist es umso wichtiger, die richtige Person zu finden.
Damit das Recruiting auch digital gut funktioniert, sind in unseren Augen folgende Aspekte wichtig:
- Technische Ausstattung
Digitales Recruiting setzt folgende Anforderungen voraus:
- Geeignetes (externes) Mikrofon, z.B. Bluetooth-Telefonspinne
- Kamera, entweder pro Teilnehmer*in eine Kamera oder eine Kamera, die alle Teilnehmer*innen erfasst
- Gute Internetverbindung, sodass das Bild scharf ist und wenig Aussetzer in der Kommunikation passieren
- Laptop, der an eine Stromzufuhr angeschlossen ist.
- Toolauswahl
Die Toolauswahl sollte für die Bewerber*innen so wenig Hindernisse wie möglich darstellen. D.h. eine notwendige Registrierung sollte möglichst vermieden werden. Tools wie MS Teams oder Google Hangout lassen das Einladen von Gästen ohne Registrierung zu.
- Hinweise zum Ablauf
Gespräche beim digitalen Recruiting starten nicht selten mit kleineren technischen Problemen, wie das Mikrofon, das noch stumm gestellt ist. Beide Parteien sollten sich nicht aus der Ruhe bringen lassen.
Fazit digitales Recruiting
Wir haben festgestellt, dass das physische Treffen und das Erleben der Person in live einen großen Unterschied ausmachen. Diese Aspekte können durch ein reines digitales Recruiting nicht vollständig abgedeckt werden. Für uns war das digitale Recruiting in der aktuellen Situation dennoch ein großer Erfolg. Wir haben uns jedoch entschieden unseren bisherigen Weg beizubehalten. Wir freuen uns jetzt schon auf die kommenden Face-to-Face Gespräche.
Pia’s Eindrücke unseres digitalen Recruitings
Als ich mich zwei Tage vor dem ersten Gespräch Covid-19-bedingt in Quarantäne begeben musste und klar war, dass sich die Gesamtsituation nicht innerhalb weniger Wochen entspannen wird. Ich hatte mich gedanklich von der Stelle bei nativDigital verabschiedet. Das erste Gespräch war ursprünglich als Face-to-Face-Kennenlernen angesetzt und für mich war klar, dass kein Arbeitgeber jemanden einstellen würde, den er noch nie persönlich kennengelernt hat. Und auch ich hatte große Bedenken, ob ich unter diesen Umständen überhaupt eine Entscheidung treffen kann.
Der digitale Recruitingprozess – ein Kompromiss
Für das erste Kennenlernen macht es für mich als Bewerberin zwar einen großen Unterschied, ob das Gespräch remote oder face-to-face stattfindet, trotzdem ist die remote Situation aber nicht grundlegend neu. Viele Unternehmen führen dieses Gespräch auch unter normalen Gegebenheiten auf diese Weise durch. Daher war das erste Kennenlernen für mich nicht komisch oder ungewohnt. Ich habe aber auch gemerkt, dass das Gespräch seitens nativDigital sehr gut vorbereitet wurde, um eine möglichst normale Situation zu schaffen.
Die weiteren Gespräche sind dagegen digital deutlich schwieriger abzubilden. Nicht zuletzt, weil sich beide Seiten spätestens hier in der Regel auf Neuland begeben. Für mich ist bei der Wahl meines Jobs das Team ein sehr wichtiger Faktor. Das Kennenlernen von potenziellen neuen Kolleg*innen ist virtuell natürlich erschwert. Die Interaktion in der Gruppe verläuft anders und es ist schwierig ein lockeres, spontanes Gespräch aufkommen zu lassen. Außerdem finden auf diese Weise auch keine Einzelgespräche statt.
Deshalb war für mich das digitale zweite Gespräch auch nur ein Kompromiss – aber, vor allem durch das Spiel, ein guter. „1 Wahrheit und 1 Lüge“ animiert jede*n dazu, etwas Persönliches über sich zu erzählen und beugt der Situation vor, dass die Unterhaltung einseitig verläuft. Dabei finde ich es wichtig, eine Story aus seinem Leben zu wählen, die auf die Persönlichkeit oder Interessen schließen lässt. Obwohl das Spiel gut gewählt war, hätte ich mir noch mehr Gelegenheit gewünscht, das Team kennenzulernen. Mein Verbesserungsvorschlag deshalb: Einzelgespräche oder, bei größeren Teams, Gespräche in 3-er Gruppen integrieren. Diese verlaufen natürlicher und ungezwungener als virtuelle Gruppengespräche, sodass das gegenseitige Kennenlernen einfacher ist. Außerdem sollte insgesamt mehr Zeit für die Gespräche eingeplant werden, da es virtuell deutlich schwieriger ist, sich ein Bild von seinem Gegenüber und der Teamdynamik zu machen.
Mein Fazit zum digitalen Recruiting
Ein rein digitaler Recruitingprozess stellt aus meiner Erfahrung auch für Bewerber*innen eine Herausforderung dar und führt sicherlich nicht dazu, weniger nervös und authentischer zu sein. Während sich für mich in der Vorbereitung auf die Gespräche nicht viel geändert hat, halte ich es aber für sehr wichtig, dass das Unternehmen die Umstellung des Recruitingprozesses gut und überlegt vorbereitet. Es sollte sich die Frage gestellt werden, wie beide Seiten die entscheidungsrelevanten Aspekte in Erfahrung bringen können und die entsprechende Gesprächsatmosphäre aktiv geschaffen werden kann. Mein Eindruck ist, dass das bei nativDigital stattgefunden hat, sodass für mich die Gespräche auch remote angenehm waren und ich durch die unterschiedlichen Gesprächsformate die Möglichkeit bekam, mir ein Bild zu machen. Meine anfänglichen Bedenken, „blind“ einen Arbeitsvertrag einzugehen, konnten mir dadurch größtenteils genommen werden.