Das Kano Modell hilft euch die Merkmale eures Produkts oder eurer Dienstleistung aus der Sicht der Kund*innen zu bewerten. Das nach dem japanischen Professor Noriaki Kano benannte, 1978 entwickelte, Modell stellt einzelne Produkt- bzw. Leistungsausprägungen in einen Zusammenhang mit der erwarteten Kund*innenzufriedenheit und unterscheidet dabei zwischen: Basis-, Leistungs- & Begeisterungsmerkmalen.
Aufbau des Kano Modells
Das Kano Modell ist in Leistungsmerkmale, Basismerkmale und Begeisterungsmerkmale aufgeteilt.
Basismerkmale des Kano Modells
Basismerkmale sind Hygienefaktoren. Kund*innen setzen voraus, dass diese Merkmale vorhanden sind. Sie führen nicht zu einer höheren Kund*innenzufriedenheit. Es fällt dagegen aber negativ auf, wenn diese Features fehlen.
Leistungsmerkmale des Kano Modells
Bei den Leistungsmerkmalen besteht ein lineares Verhältnis zwischen Leistungsausprägung und Kund*innenzufriedenheit. Enthält euer Produkt oder eure Dienstleistung ein Leistungsmerkmal, steigert das die Kundenzufriedenheit. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass dieses Leistungsmerkmal zur Erfüllung der Kund*innenanforderungen bzw. -Bedürfnisse beiträgt. Genauso linear sinkt die Kund*innenzufriedenheit, wenn ein Leistungsmerkmal nicht vorhanden ist. Leistungsmerkmale sind die Faktoren, die hauptsächlich für den Vergleich mit Wettbewerbsprodukten genutzt werden. Ihr könnt diese Leistungsmerkmale mit dem Kaufgrund gleichsetzten. Wenn die Leistungsmerkmale nicht vorhanden sind, sind die Anforderungen auch weniger erfüllt und Kund*innen kaufen das Produkt oder die Dienstleistung nicht.
Begeisterungsmerkmale des Kano Modells
Das dritte Merkmal des Kano Modells ist das Begeisterungsmerkmal. Diese sorgen für den „Wow-Faktor“ bei eurem Produkt. Kund*innen fällt es kaum negativ auf, wenn dieses Produktmerkmal nicht enthalten ist. Vielmehr sind oftmals Merkmale, die eure Kund*innen gar nicht erwartet haben, aber wenn sie vorhanden sind, Begeisterung auslösen. Weist euer Produkt aber ein Begeisterungsmerkmal auf, sorgt dies für ein außergewöhnliches Nutzererlebnis. Begeisterungsmerkmale können Kund*innen den entscheidenden Anstoß geben, sich für euer Produkt zu entscheiden, wenn die Leistungsmerkmale der Vergleichsprodukte ähnlich sind.
Am Beispiel einer Hotelbuchung wird deutlich, worum es sich bei den verschiedenen Merkmalen des Kano Modells handelt:
Man erwartet, dass in dem gebuchten Zimmer ein Bett steht. Ohne diesen Teil der Dienstleistung wäre der Sinn der Buchung verfehlt und somit handelt es sich hierbei um ein Basismerkmal. Bei den Leistungsmerkmalen kommt nun eine ganze Reihe an Faktoren ins Spiel: Je nach Kundenbedürfnissen kann hier z.B. entscheidend sein, ob es in dem Hotelzimmer kostenloses Wasser gibt, kostenfreies WLAN oder eine Couch vorhanden ist. Besitzt das Hotel eine gute Bar oder bietet Sportkurse an, kann das ein Begeisterungsmerkmal sein und einen „Wow-Effekt“ erzeugen. Vergleichbare Buchungsoptionen enthalten diese Extraleistung nicht, sodass sie am Ende der entscheidende Faktor sein kann.
Gruppendifferenzierung und Gewöhnungseffekt
Wie Kund*innen die Merkmale des Kano Modells wahrnehmen, kann zwischen Kund*innengruppen variieren und sich mit der Zeit ändern. Während kostenfreies WLAN im Hotelzimmer vor ein paar Jahren noch für die meisten ein Leistungsmerkmal war, ist es heute vor allem für jüngere Kund*innengruppen sicherlich ein Basismerkmal. Für Kund*innengruppen, die weniger digital leben, ist es aber nach wie vor eher ein Leistungsmerkmal.
Das Kano Modell in der Praxis
Das Kano Modell kann euch auf unterschiedliche Weise dabei unterstützen ein Produkt zu entwickeln, das begeistert.
Die frühe Phase der Produktentwicklung
Am Anfang gilt es in der Regel immer die vielen Ideen zu einem neuen Produkt zu bewerten und zu strukturieren. Wie es euch gelingt eine Vielzahl an innovativen Ideen kund*innenzentriert zu entwickeln, erfahrt ihr übrigens in unserem Beitrag zu Design Thinking. Interviews mit potenziellen Kund*innengruppen helfen euch dabei herauszufinden, welche eurer Ideen zu den Produktmerkmalen wie relevant sind. Dabei kann das Kano Modell mit dem Ansatz zur Klassifizierung der Merkmale zur Anwendung kommen, um eure Ideen anhand der Kund*innenwahrnehmung zu bewerten und zu filtern, welche Produktfeatures ihr mithilfe von Prototypen testen wollt. Dazu werden zu jeder Produktausprägung zwei Fragen gestellt:
- Funktionale Frage: „Wie würdest du es bewerten, wenn das Produkt/die Dienstleistung das Merkmal enthalten würde?“
- Dysfunktionale Frage: „Wie würdest du es bewerten, wenn das Produkt/die Dienstleistung das Merkmal nicht enthalten würde?“
Am besten lasst ihr die Befragten ihre Antworten auf einer 5-stufigen Skala einordnen:
- Das würde mich sehr freuen
- Das entspricht meiner Erwartung
- Das ist mir egal
- Das würde ich in Kauf nehmen
- Das würde mich sehr stören
Aus der Kombination der Antworten auf beide Fragen lässt sich das Produktmerkmal dann in die drei Kategorien des Kano Modells einstufen und für die Produktentwicklung priorisieren.
Wettbewerbsanalyse
Wie stehen die Produkte des Wettbewerbs dar und mit welchen Produktmerkmalen kann ich mich vom Wettbewerb abheben? Auf diese Fragen gibt euch das Kano Modell eine Antwort. Wählt dazu verschiedene Begeisterungsmerkmale aus und stellt in einer Matrix dar, bei welchem Wettbewerbsprodukt das jeweilige Merkmal wie stark ausgeprägt ist. So visualisiert ihr die Bereiche, in denen ihr ein Alleinstellungsmerkmal entwickeln könnt.
Fazit – langfristiges Qualitätsmanagement mit dem Kano Modell
Das Kano Modell hilft euch dabei in der Produktentwicklung und im weiteren Verlauf des Produktlebenszyklus die hohe Qualität eures Produkts sicherzustellen und eure Kund*innen zu begeistern. Achtet zusätzlich zur ersten Einordnung der Produktmerkmale in der frühen Phase der Entwicklung darauf, diese regelmäßig zu überprüfen. Neue Trends und Technologien können schnell dafür sorgen, dass ein Produktfeature vom Leistungs- zum Basismerkmal wird. Diese Gewöhnungseffekte solltet ihr, sofern sie vorhersehbar sind, proaktiv in eurer Produkt Roadmap berücksichtigen.