Wenn ihr regelmäßig unsere Blogartikel lest, wisst ihr, dass New Work für uns ganz viel mit Selbstorganisation und stärkenbasiertem Arbeiten zu tun hat. Das Verhältnis der Menschen zu Selbstorganisation einerseits und Führung andererseits ist allerdings kein neues Thema. Bereits in den 1960er Jahren hat MIT-Professor Douglas McGregor im Rahmen der XY-Theorie dieses Konzept untersucht.
Die XY-Theorie beschreibt das Verhältnis von Menschen zu ihrer Arbeit und die daraus resultierenden Führungsphilosophien und Menschenbilder. Im Mittelpunkt der zwei gegensätzlichen Theorien steht die Frage, was Menschen zu Arbeiten motiviert und welche Führungsstile daraus entstehen. Gerade aus der New Work Sicht ist das besonders interessant. Wir möchten euch auf Basis der Theorie von McGregor mitteilen, was aus unserer Sicht Menschen zur Arbeit motiviert.
Was ist die Theorie X?
Laut der Theorie X sind Mitarbeiter*innen unsicher, haben eine angeborene Abscheu vor Arbeit und versuchen, diese so gut wie möglich zu vermeiden. Die Motivation zur Arbeit entsteht dementsprechend durch äußere Vorgaben, Druck und Belohnungen. Dies wiederum begünstigt bei Mitarbeiter*innen passives Verhalten und das Bedürfnis nach klaren Anweisungen und starker Führung.
Die Theorie X zeigt euch also ein eher negatives Menschenbild und traditionelles Führungsbild auf. Menschen sind dieser Theorie nach von Natur aus faul und müssen daher in einem hierarchischen System von anderen geführt werden. Diese Führungsart war in Unternehmen vor allem mit Einsetzen der industriellen Revolution üblich.
Mit dem Konzept von New Work, welches Menschen und ihr Bedürfnis nach Selbstentfaltung und Mitbestimmung in den Mittelpunkt stellt, ist dieses Menschenbild daher nur schwer vereinbar. Wir sind in verschiedenen Bereichen unserer Gesellschaft mit diesem Menschenbild sozialisiert worden. Daher ist es wichtig, euch auch als mitarbeiterzentriertes Unternehmen dieser Theorie bewusst zu sein. Wie ihr später noch sehen werdet ergeben sich daraus nämlich für uns alle gewisse Herausforderungen, mit denen wir umgehen müssen.
Und was ist die Theorie Y?
Die Theorie Y dagegen sieht den Menschen als selbstsicher und auf der Suche nach Selbstverwirklichung in seiner Arbeit. Aus diesem Grund ist er intrinsisch motiviert und entwickelt ein hohes Maß an Selbstbewusstsein und Eigeninitiative. In der Folge führt dies auch zu mehr Vertrauen in die Mitarbeiter*innen und zu mehr Handlungsspielraum.
Die Theorie Y vermittelt euch also eher ein positives Menschenbild und erfordert einen Führungsstil mit geteilten Kompetenzen. Menschen streben nach Eigenverantwortung und der Verteilung von Verantwortlichkeiten. Diese nehmen in Unternehmen vor allem durch die Einführung neuer Arbeitsweisen durch New Work und das Einsetzen der Digitalisierung zu. Dies liegt unter anderem an der Automatisierung repetitiver Tätigkeiten, wodurch Menschen sich wieder kreativeren Tätigkeiten zuwenden können.
Die Theorie Y lässt sich also viel mehr mit dem Konzept von New Work vereinbaren als die Theorie X. Menschen und ihr Bedürfnis nach Mitgestaltung und Verantwortungsübernahme im Unternehmen stehen im Mittelpunkt. Gleichzeitig erfordert die Theorie Y eine Arbeitsumgebung mit hoher psychologischer Sicherheit, in der Menschen Neues ausprobieren, Fehler machen können und sich so mit ihren persönlichen Stärken und Interessen bestmöglich in das Unternehmen einbringen können.
Hier seht ihr die XY-Theorien noch einmal im Vergleich:
Da gibt es noch mehr? Die Theorie Z.
Wie ihr sicherlich schon gemerkt habt, zeichnen die beiden Theorien ein starkes Schwarz-Weiß-Bild des Menschen auf seine Arbeit auf. Theorie X und Y sind zwei vollkommen entgegengesetzte Konzepte. Kaum ein Mensch lässt sich wohl nur in eines der beiden Menschenbilder einordnen. Dies merkte auch McGregor und entwickelte in der Folge die Theorie Z.
Die Theorie Z ist eine Verbindung der beiden genannten Theorien. Sie besagt, dass die meisten Menschen sowohl Teile der Theorie X als auch der Theorie Y in sich tragen. Die Theorie Z erkennt die Sinnhaftigkeit von Hierarchien und Strukturen zwar an, befürwortet jedoch auch eine stärkere Mitgestaltung aller Mitarbeiter*innen in der Organisation und deren Beteiligung an Entscheidungsprozessen. Ein Beispiel hierfür ist die japanische Managementlehre, die von Unternehmen im Land vor allem in Krisenzeiten genutzt wurde. Diese besagt, dass eine starke Mitarbeiter*innenbeteiligung zu höherer Motivation und Produktivität aller Angestellten führt.
Der Fokus von New Work sollte auf den Ideen der Theorie Y liegen. Dennoch glauben wir, dass die Theorie Z euch ein realistisches Bild davon gibt, wie Menschen zum Arbeiten motiviert werden.
Selbst wenn ihr als Team ein hohes Maß an Eigeninitiative aufbringt, können euch unterschiedlich stark ausgeprägte Strukturen dabei unterstützen, euch gegenseitig verantwortlich zu halten. Damit stellt ihr euern individuellen wie auch Teamerfolg sicher.
Unsere Sicht auf die Theorien
Wir finden, dass zumindest die Theorien X und Y den Menschen auf zwei Extreme reduzieren. Sie bedienen sich an ausgeprägtem Schubladendenken und der Pauschalisierung zweier ganz offensichtlich naheliegenden Menschenbilder. Menschliches Verhalten ist jedoch komplex und nur teilweise durch Theorien zu erklären. Auch ihr wisst bestimmt aus eigener Erfahrung, dass die eigene Motivation zur Arbeit auch stark von den äußeren Rahmenbedingungen abhängt. Eure Eigeninitiative und der Wille zu Selbstorganisation sind sicherlich höher, wenn ihr im Team arbeitet, das eure eigenen Werte teilt. Begleitet von einer Führungskraft, die euch und eure persönlichen Stärken fördert, trägt dies ebenfalls zur Steigerung der Eigeninitiative bei.
Und genau das bringt uns zu unserem zweiten entscheidenden Kritikpunkt: Die XY-Theorien sind zwei sich selbst verstärkende Kreisläufe, zwei sich praktisch selbsterfüllende Prophezeiungen. Wenn ihr beispielsweise ständig unter hohem Druck geführt werdet, verfallt ihr automatisch in eine passive Arbeitsweise. Das wiederum führt dazu, dass ihr stärker geführt werdet.
Nicht zuletzt sind wir größtenteils in einem System aufgewachsen, dass einen Hang zu starker Führung von außen hat. In der Schule haben wir kaum Möglichkeiten uns selbst zu entfalten und werden nur wenig in unseren individuellen Interessen gefördert. Selbst Studium und Lehre sind in großen Teilen so strukturiert, dass Eigenverantwortung und Selbstorganisation nur in geringem Maße begünstigt werden. Wir alle haben also lange in einem System gelebt, dass Eigeninitiative nur wenig gefördert hat. Erst in den letzten Jahren sind eine eigenverantwortliche Denk- und Arbeitsweise auch in unterschiedlichste Bereiche der Wirtschaft eingebracht worden.
New Work funktioniert unserer Meinung nach also nur mit Theorie Y (bzw. einer Mischform wie der Theorie Z). Nur dieses Konzept nimmt den Menschen mit seinen Bedürfnissen als Ganzes wahr und degradiert ihn nicht zu passiven Maschinen . Gleichzeitig ist uns bewusst, dass auch wir nicht zu 100% nach den Grundzügen der Theorie Y leben. Zum einen bedarf es an viel Selbstdisziplin, immer fokussiert und selbstorganisiert zu arbeiten. Zum anderen befinden wir uns in verschiedenen Lebensbereichen und bringen daher auch ein unterschiedliches Maß an Eigeninitiative auf. Aus diesem Grund ist es wichtig Strukturen und Tools zu nutzen, die euch als Team unterstützen und euch helfen selbstorganisiert zu arbeiten.
Tipps für ein positives Verhältnis zu Arbeit und Führung
Wir möchten euch an dieser Stelle gerne ein paar Tipps mitgeben, wie ihr eine für euch nachhaltige Arbeitsweise umsetzen könnt. Sie ist für euch und euer Team gewinnbringend und hilft euch außerdem dabei, ein positives Bild zur Arbeit und (Selbst-)Führung zu entwickeln:
Unser Fazit
Die XY-Theorie zeigt euch ein spannendes, aber auch sehr pauschales Bild davon auf, wie Menschen zu Arbeiten motiviert werden. Auf Basis des Menschenbilds, welches New Work verkörpert und welches auch wir bei nativDigital leben, spiegelt vor allem die Theorie Y ein funktionierendes Modell wieder. Menschen wachsen und können ihren eigenen Bedürfnissen nachgehen. Eigenverantwortliches Arbeiten stellt uns immer wieder vor neuen Herausforderungen, die gelöst werden müssen. Haltet euch mit klaren und transparenten Zielen, passenden Tools und einer für alle sicheren Arbeitsumgebung motiviert und verantwortlich.
Wir glauben daran, dass ihr als Mitarbeiter*innen einen Handlungsspielraum benötigt. Ihr sollt selbst herausfinden, wie ihr eure Organisation entsprechend eurer Stärken und Interessen am besten unterstützen könnt. Umgekehrt arbeitet ihr unter diesen Rahmenbedingungen immer in einem motivierten Team. Eigeninitiative und Verantwortung wird mit persönlichem Wachstum und Erfüllung in der eigenen Arbeit belohnt.
Letztendlich haben euer eigener Arbeits- und Führungsstil auch immer direkten Einfluss auf euer Umfeld. Durch euer Vorangehen beeinflusst ihr positiv die Motivation, Arbeitsweisen und Eigeninitiative aller Mitarbeiter*innen in eurem Unternehmen.