In unserem Artikel über Low Code und No Code haben wir bereits über die Herausforderung vieler Unternehmen geschrieben, dass es aktuell zu wenig IT-Fachkräfte, insbesondere Softwareentwickler*innen gibt. Der Bedarf an neuen IT-Lösungen wächst im Zuge der digitalen Transformation stetig und viele dieser Bedarfe können nur schwer oder gar nicht gedeckt werden. Eine Antwort auf dieses Problem sind Low Code und No Code Technologien und mit ihnen das Konzept des Citizen Developments. Citizen Developer sind keine IT-Fachkräfte, entwickeln aber trotzdem beispielsweise Apps oder sogar Software Roboter.
Definition von Citizen Developer
Der Begriff Citizen Developer bedeutet so viel wie fachfremde*r Entwickler*in. Das sind Mitarbeiter*innen, die in IT-fremden Fachbereichen arbeiten und keine Ausbildung oder Berufserfahrung im Bereich IT haben. Das können z.B. Mitarbeiter*innen aus dem Einkauf oder aus dem Prozessmanagement sein. Sie verfügen aber trotzdem über gute IT-Kenntnisse und haben häufig bereits innerhalb des Arbeitskontexts oder im privaten Bereich eigene IT-Lösungen entwickelt. Citizen Developer entwickeln für sich selbst und Kolleg*innen aus dem Fachbereich IT-Lösungen.
Der Begriff Citizen Developer ist im Zuge der Entwicklung von Low Code und No Code Software entstanden. Das Prinzip der Entwicklung von IT-Lösungen durch Mitarbeiter*innen in den Fachbereichen ist an sich aber nicht neu. Schon seit vielen Jahren entwickeln technisch affine Mitarbeiter*innen Lösungen für eigene Probleme, beispielsweise wenn vom IT-Bereich keine Lösung zur Verfügung gestellt wird oder die Implementierung zu lange dauert. Ein klassisches Beispiel dafür sind Excel-Makros oder Access-Datenbanken. Die eigenständige Entwicklung erfolgt in der Regel ohne Kenntnis des IT-Bereichs. Dadurch ist nicht sichergestellt, dass diese Lösungen „Marke Eigenbau“ den Anforderungen bzgl. Sicherheit, Wartung, etc. entsprechen. Daher spricht man häufig auch von einer „Schatten-IT“.
Der Unterschied zwischen dieser Schatten-IT und Citizen Development ist, dass Citizen Developer in einer durch die IT-Abteilung bereitgestellten Entwicklungsumgebung arbeiten. Das sind in der Regel Low Code oder No Code Lösungen, mit denen auch mit wenig oder gar keinen Programmierkenntnissen Software entwickelt werden kann. Dadurch wird sichergestellt, dass die Entwicklungsarbeit der Mitarbeiter*innen in den Fachbereichen den Anforderungen und Standards der Organisation entsprechen.
Einsatzmöglichkeiten eines Citizen Developers
Ein Citizen Developer kann IT-Expert*innen und Softwareentwickler*innen nicht ersetzen aber wichtige Unterstützungsarbeit leisten. Durch die digitale Transformation steigt der Bedarf an neuen oder besseren Softwarelösungen enorm. Die Unternehmen werden immer Tech-lastiger. Citizen Developer können einen Teil dieses Bedarfs abfangen bzw. übernehmen. Die große Stärke von Citizen Developern ist das gute Prozess Know-How. Sie bekommen in den Fachbereichen unmittelbar mit, welche Prozesse gut laufen und welche verbessert werden müssen.
Stellt man Citizen Developern nun eine einfache Entwicklungsumgebung zur Verfügung und schult die technisch affinen Mitarbeiter*innen zusätzlich, können diese eigene Apps oder mithilfe von Robotic Process Automation (RPA) Prozessautomatisierungen entwickeln. Zum Beispiel kann ein*e Mitarbeiter*in aus dem Personalwesen eine automatisierte Unterstützung für das Erstellen von Standarddokumenten erstellen. Im Personalwesen werden z.B. regelmäßig Arbeitgeberbescheinigungen ausgestellt, die Beschäftigte zum Nachweis des Anstellungsverhältnisses bei Behörden o.ä. vorlegen müssen. Diese Bescheinigungen können von einem RPA Roboter erstellt und versendet werden. Der*die Mitarbeiter*in im Personalwesen kann mit einem Low Code oder No Code Tool sehr einfach einen automatisierten Workflow bauen, der die Anfrage von Mitarbeiter*innen annimmt und automatisiert verarbeitet.
Die im Fachbereich identifizierten Probleme können so direkt dort, wo sie entstehen, schnell gelöst werden. Die Entwicklungsarbeit sollte immer in enger Zusammenarbeit mit dem IT-Bereich stattfinden, was eine gewissen Mehraufwand in der IT bedeutet. Insgesamt führt ein gut umgesetztes Citizen Development Programm aber dazu, dass IT-Mitarbeiter*innen entlastet werden und die Prozesse im Unternehmen insgesamt besser werden.
Aufbau eines Citizen Development Programms
Bei der Einführung des Citizen Development Ansatzes in euerem Unternehmen solltet ihr einige Punkte beachten. Wir empfehlen euch eine gut geplante Initiative zu starten. Sonst droht die Gefahr, dass euer Vorhaben darin endet, dass ihr die Schatten-IT befeuert. Folgendes solltet ihr beachten:
Fazit: Citizen Developer können großen Mehrwert leisten
Richtig, geplant und strukturiert eingesetzt, können Citizen Developer einen großen Mehrwert leisten und IT-Expert*innen in der digitalen Transformation eures Unternehmens tatsächlich entlasten. Sie können dazu beitragen, dass in Fachbereichen benötigte Lösungen schnell und zugeschnitten auf das individuelle Problem umgesetzt werden. Das wirkt sich auch positiv auf die Effizienz und die Motivation eurer Mitarbeiter*innen aus. Die größte Herausforderung ist, dass ein Citizen Development Programm nicht in eine ungesteuerte Schatten-IT umschlägt. Daher ist es wichtig, dass ihr Regeln aufstellt und die Unterstützung der IT sicherstellt. Gelingt euch das, hat das Konzept Citizen Development großes Potenzial, vor allem dank der Low Code und No Code Lösungen, die immer besser und intuitiver werden.