Wer zum Beispiel eine App entwickeln möchte, benötigt dafür Programmierkenntnisse. Klassischerweise wird Software „gecoded“, also Zeile für Zeile in Form von Softwarecode geschrieben. Seit ein paar Jahren gibt es eine weitere Möglichkeit – die Low Code/ No Code Entwicklung. Hier findet die Programmierung mit einzelnen Bausteinen statt. So können Softwareentwicklungsprojekte auch von Anwender*innen mit wenig Programmierkenntnissen umgesetzt werden. Wir erklären euch in diesem Beitrag, was genau hinter Low Code steckt und welche Vorteile es hat.

Was ist Low Code und No Code?

Die Bezeichnungen Low Code und No Code, zu Deutsch „Wenig Code“ und „Kein Code“, beschreiben genau das, was es ist. Es handelt sich genauer gesagt um einen visuellen Ansatz der Softwareentwicklung. Dabei wird stark vereinfacht mithilfe von Bausteinen, statt mit Code, Software entwickelt. Den Begriff „Low Code“ gibt es seit 2014 und ist eine Weiterentwicklung des Rapid Application Development (RAD) Ansatzes. Dieser wurde vor allem in den 1980er und 1990er Jahren verwendet, um schnell Prototypen zu entwickeln. No Code ist wiederum aus Low Code entstanden.

Die Softwareentwicklung mit Low Code/ No Code setzt auf das visuelle Erstellen von Workflows und entsprechende Modellierungsmethoden. Das gewünschte Programmverhalten könnt ihr erzeugen, indem ihr einzelne Bausteine per einfachem Drag-and-Drop in eine logische Reihenfolge bringt. Hinter den Bausteinen verbirgt sich wiederum Code, der den Baustein in eine Programmiersprache übersetzt. Dieser ist für euch als Anwender*in aber nicht sichtbar.

Programmieren mit Low Code und No Code

In dem Beispiel könnt ihr ganz ohne Code einen automatisierten Workflow erstellen. Das bezeichnet man als „No Code“. Im Gegensatz dazu ist es beim Low Code Ansatz an manchen Stellen notwendig bzw. möglich Code zu schreiben. Bei der Entwicklung von Software oder Automatisierungsworkflows entfallen mit Low Code für euch aber bis zu 80%-90% des Codings. Dabei benötigt ihr in einfachen Fällen, wie im Beispiel oben, sowie bei etwas komplexeren Prozessen gar keine Programmierkenntnisse. Möchtet ihr aber sehr komplexe oder spezifische Projekte umsetzen, müsst ihr in der Regel doch auf die klassische Programmierung zurückgreifen. Den Programmiercode könnt ihr in den Low Code Tools dann aber wieder sehr einfach und übersichtlich integrieren.

Um verschiedene Applikationen mit dem Low Code / No Code Tool zu verbinden, existieren häufig sogenannte Konnektoren. Mit diesen könnt ihr auf einfache Art und Weise auf das Backend der Applikation zugreifen.

Ein Beispiel für Low Code: Robotic Process Automation

Mittlerweile könnt ihr euch an einer großen Bandbreite an Low Code und No Code Plattformen bedienen. Neben den Plattformen, die ihr für Software- oder App-Entwicklung nutzen könnt, gibt es auch Plattformen für Robotic Process Automation. Mit Robotic Process Automation Tools könnt ihr einzelne Aufgaben oder End-to-End Prozesse mithilfe von Software Robotern automatisieren. Anbieter wie UiPath und Microsoft mit der Power Plattform bieten euch die Möglichkeit sowohl einfache als auch komplexere Prozesse zu automatisieren. So wird es für euch auch mit wenig Programmierkenntnissen möglich, tägliche Aufgaben zu automatisieren. Auch hier könnt ihr vorgefertigte Konnektoren nutzen, um Abfragen im Back-End von verschiedensten Anwendungen zu machen.

Welche Vorteile hat Low Code und No Code?

Low Code und No Code Plattformen wurden entwickelt, um den Herausforderungen der heutigen Zeit zu begegnen. In unserer von VUCA (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) geprägten Welt ändern sich Anforderungen an Software laufend. Außerdem müssen Entwicklungsprojekte immer schneller umgesetzt werden. Der Low Code / No Code Ansatz bringt da einige Vorteile mit sich:

  • Wenig Programmierkenntnisse: Dank Low Code / No Code können auch Mitarbeiter*innen, die nur über grundlegende IT-Kenntnisse verfügen und keine oder nur geringe Programmierkenntnisse besitzen, Apps oder Prozessautomatisierungen erstellen.

  • Schonung eurer personellen Ressourcen: Low Code / No Code befähigt einen Großteil eurer Mitarbeiter*innen zur eigenständigen Entwicklung von Software. Dadurch seid ihr nicht mehr zwangsläufig auf teure und teilweise schwer zu findende Fachkräfte angewiesen und entlastet damit auch eure Software- und Automatisierungsentwickler*innen. Sie können sich auf die Umsetzung sehr komplexer Projekte konzentrieren und müssen Mitarbeiter*innen in den Fachbereichen nur noch falls nötig unterstützen.

  • Schnelle Umsetzung: Durch die einfache Handhabung könnt ihr Entwicklungsprojekte häufig deutlich schneller umsetzen. Eure Entwicklungszyklen werden so nicht nur kürzer, sondern auch iterativer. Mit Low Code / No Code Tools könnt ihr, wie vom agilen Projektmanagement vorgesehen, schnell und einfach ein MVP (Minimum Viable Product) entwickeln, welches zum Beispiel das UI (User Interface) einer geplanten App darstellt. Der Zeitaspekt ist auch bei der Umsetzung von Prozessautomatisierungen relevant. Wenn sich euer Prozess ändert, kann die Anpassung in der Regel schnell vorgenommen werden.

  • Umsetzung vom Fachbereich: Die Entwicklung von Software oder Automatisierungen kann direkt im Fachbereich stattfinden. Die Mitarbeiter*innen dort haben in der Regel den besten Überblick über Prozesse oder Anforderungen an die technische Lösung. Diese können sie mit einem entsprechenden Tool direkt selbst umsetzen und ersparen sich so aufwendige Kommunikation mit Entwickler*innen.

Fazit: Was bedeutet der Trend für unser Arbeiten?

Low Code und No Code Tools können eine gute Alternative zum klassischen Programmieren sein. Die Technologie macht das Erstellen von Software und Prozessautomatisierungen schneller, günstiger und für alle möglich. Laut Gartner entwickelt sich der Trend stark weiter, auch begünstigt durch die Covid-19 Pandemie. Auch das steigende Bedürfnis der Unternehmen, sich zu digitalisieren und Trends wie Hyperautomation zu folgen, führt zu steigendem Einsatz von Low Code und No Code Plattformen.

Softwareentwickler*innen sind allein nicht mehr in der Lage, die enorme Menge an benötigter Software und Automatisierungen zu bewältigen. Daher gehen immer mehr Unternehmen dazu über, Mitarbeiter*innen außerhalb der IT dazu zu befähigen, die Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen. Sie werden zum Prosumer, also einem Konsumenten, der gleichzeitig auch Produzent ist. Auch die New Work Bewegung begünstigt den Trend. Mitarbeiter*innen arbeiten immer selbstbestimmter und -organisierter. Statische Stellenbeschreibungen gibt es immer weniger, stattdessen werden sie durch Rollen ersetzt. Diese passen sich der Veränderung an und ermöglichen uns, Aufgabenbereiche um „fachfremde“ Tätigkeiten zu erweitern.

Den Trend als Chance nutzen

Wir glauben an die Vision des „Modern Workplace“, bei der Digitalisierung und Automatisierung allen Mitarbeiter*innen zugänglich gemacht werden. Jede*r sollte dazu befähigt werden, diese Technologien als alltäglichen Unterstützer zu nutzen. Schließlich wurde uns vor vielen Jahren auch die Nutzung eines Computers ermöglicht. Damit entledigen wir uns nicht nur einiger Aufgaben, sondern haben auch mehr Zeit für wichtige Dinge oder Aufgaben, die menschliche Kompetenz benötigen.

Low Code und No Code werden Softwareentwickler*innen jedoch nie vollständig ersetzen können. Bei komplexen Vorhaben oder speziellen Anforderungen benötigen wir weiterhin den herkömmlichen Weg der Softwareprogrammierung. Softwareentwickler*innen besitzen Fachwissen, das wir heutzutage wie nie zuvor benötigen. Low Code und No Code können aber den Grad der Digitalisierung und Automatisierung im Unternehmen auf einfache Weise erhöhen.

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