Die Geschäftsprozesse in Unternehmen sind heutzutage hoch komplex, ineinander verstrickt und umfassen enorme Datenmengen. Um ihre Prozesse zu verschlanken und effizienter zu gestalten, setzen viele Unternehmen auf Prozessautomatisierung. Doch bei fortschreitender Automatisierung kann auch diese unübersichtlich werden. Um im Zuge eines Automatisierungsvorhabens Transparenz über Prozesse zu erhalten und diese aufeinander abgestimmt auszuführen, werden häufig Workflow Engines eingesetzt. Eine Workflow Engine orchestriert die manuelle oder automatisierte Ausführung einzelner Tätigkeiten innerhalb eines Geschäftsprozesses und über alle Unternehmensprozesse hinweg.
Was ist eine Workflow Engine?
Eine Workflow Engine ist Teil eines Workflow Management Systems. Ein Workflow Management System ist eine Softwareanwendung, die euch dabei unterstützt Transparenz über eure Workflows herzustellen und diese zu optimieren. Dazu dokumentiert und modelliert ihr eure Prozesse in der Software, sodass alle Verkettungen und Abhängigkeiten deutlich werden.
Die Workflow Engine ist die ausführende Instanz des Workflow Management Systems. Sie verfügt über die Logik, die notwendig ist, um im Workflow immer den nächsten Handlungsschritt zu wissen. Dabei kontrolliert sie den Status der aktuell ausgeführten Aufgabe. Je nach Ausgabe des Prozessschrittes steuert sie den nächsten Schritt eures Prozesses an. Generell kann die Workflow Engine unterschiedliche Instanzen ansteuern:
Je nach Prozessschritt und Status des aktuellen Schrittes stößt die Workflow Engine die Ausführung des nächsten Schrittes durch eine der genannten Ausführungsinstanzen an. Ist beispielsweise ein Fehler aufgetreten (Schritt B), benachrichtigt sie einen Menschen für die Behebung des Fehlers und/oder für die Ausführung des nächsten Schrittes (Schritt C1). Bei einer erwarteten Ausgabe leitet die Workflow Engine den entsprechend nächsten Schritt zur automatisierten Ausführung ein (Schritt C2).
Workflow Engine und Automatisierungsprojekte
In der obigen Erklärung des Begriffs habt ihr bereits gesehen, dass ein großer Teil der angesteuerten ausführenden Instanzen Automatisierungslösungen sind. Im Zentrum des Workflow Managements steht die optimierte und effiziente Ausführung von Prozessen. Wie ihr bereits aus unserem Blogartikel zu den Voraussetzungen von RPA wisst, werden Mitarbeiter*innen durch die Automatisierung standardisierter und repetitiver Aufgaben entlastet. Zudem haben sie mehr Zeit für Aufgaben, bei denen menschliche Kompetenzen benötigt werden, wie z.B. kreative Aufgaben oder Kund*innenkontakt.
Herausforderungen in Automatisierungsprojekten
In eurer Automatisierungsinitiative kommt ihr vielleicht irgendwann an den Punkt, an dem die Prozessautomatisierung zur Routine geworden ist. Allerdings ist es schwierig, nach der zwei -oder dreistelligen Anzahl an automatisierten (Teil-)Prozessen den Überblick zu behalten und die Transparenz über eure Automatisierungen nicht zu verlieren. Das Ziel, mehr Effizienz und Optimierung in eurer Prozesslandschaft zu schaffen, stellt euch plötzlich vor Herausforderungen und Fragen wie:
Workflow Engine liefert den Überblick
Mithilfe eines Workflow Management Systems und einer Workflow Engine könnt ihr eine Prozessebene über eure Ausführungseben legen. Anstatt direkt damit zu starten, „blind“ Prozesse zu automatisieren, beginnt ihr damit eure Prozesse und Aufgaben z.B. mithilfe von Business Process Model and Notation (BPMN) zu modellieren. Dabei stellt ihr auch die Verkettungen und Abhängigkeiten unter den Prozessen dar. Die daraus entstandenen Workflows könnt ihr dann im nächsten Schritt analysieren. So findet ihr heraus, ob bzw. an welchen dieser Stellen Automatisierungspotentiale sind. Anschließend findet ihr die beste Technologie für die Automatisierung. Häufig könnt ihr Aufgaben mithilfe von Schnittstellen zwischen Systemen (APIs) automatisieren. Für alle weitere Aufgaben im Workflow, die ihr automatisieren wollt, könnt ihr Microservices und RPA-Roboter einsetzen. Dieses Vorgehen könnt ihr auch der Grafik oben entnehmen.
Das Workflow Management System schafft also die nötige Transparenz über die Verknüpfung aller Prozesse in eurem Unternehmen. Die Workflow Engine ermöglicht die Steuerung und Überwachung aller Prozesse sowie eurer Automatisierungen zentral in ein System zu vereinen. So gewinnt ihr den Überblick zurück und reduziert den menschlichen Aufwand für den Betrieb von Automatisierungen.
Automatisiert Prozessschritte, nicht ganze Prozesse
Gerade in Automatisierungsprojekten mit Robotic Process Automation (RPA) neigt man dazu, ganze Prozesse isoliert zu automatisieren. Dabei entwickelt man schnell eine Vielzahl langer„Spaghettiprozessen“, die immer schwieriger zu überblicken und zu betreiben sind. Mit dieser Herangehensweise ist es schwierig Synergien zwischen einzelnen Prozessen zu nutzen und unterschiedliche Workflows im Unternehmen aufeinander abzustimmen. Man verliert irgendwann schlichtweg den Überblick!
Dem Ansatzder Automatisierung kompletter end-to-end Prozesse („Spaghettiprozessen“) stehen die sogenannten Microservices gegenüber. Microservices sind Dienste, die kleine Aufgaben erfüllen. Hinter jedem Microservice steht eine Funktion. Um das Problem der „Spaghettiprozesse“ zu vermeiden, empfehlen wir euch auch bei Automatisierungen mit RPA den Ansatz der Microservices zu verfolgen. Dabei unterteilt ihr eure Prozesse in die kleinstmöglich sinnvolle Einheit und bildet diese kleinen Einheiten automatisiert ab. Ihr zerschneidet sozusagen eure „Spaghettiprozesse“ in kleine „Spagehttistückchen“. Diese kleinen Automatisierungseinheiten haben mehrere Vorteile:
Ohne eine Workflow Engine wäre dieser Ansatz in Bezug auf RPA Projekte aufwendiger zu steuern und wahrscheinlich fehleranfälliger. Die Workflow Engine agiert als Steuer- und Überwachungseinheit. Dadurch wird es für euch einfacher, die einzelnen kleinen Automatisierungen gezielt anzusteuern. Darüber hinaus könnt ihr bei jedem Prozessschritt die Art von Automatisierung einsetzen, die Sinn macht. So profitiert ihr von den oben genannten Vorteilen.
Unsere Empfehlung: Am besten früh mit Workflow Engine starten
Wir empfehlen euch bei einem Automatisierungsprojekt mit einem Pilotprojekt zu starten. Im Zuge dessen automatisiert ihr die ersten Prozesse. Dabei kommt meistens erstmal eine Technologie, wie z.B. RPA, zum Einsatz. Denn Ziel eines Pilotprojekts ist es auch, eine neue Technologie für den weiteren Einsatz zu verproben und zu evaluieren.
Pilotphase vorbei – was nun?
Wir empfehlen euch nach dieser Pilotphase erst einmal wieder mehr Fokus auf die Prozesse zu legen. Je nachdem wie groß eure Automatisierungsinitiative angelegt ist, können das Prozesse eines Teams, einer Abteilung, eines Bereichs oder des gesamten Unternehmens sein. Ihr profitiert langfristig davon, diesen Zwischenschritt zu gehen, anstatt im Anschluss an den Piloten einfach weitere Prozesse zu automatisieren. Für eine nachhaltige Automatisierung solltet ihr euch erst einmal die Zeit nehmen, Transparenz über eure Prozesslandschaft zu schaffen. Wichtig ist auch, diese vor dem Hintergrund einer Automatisierung zu optimieren. Erst danach geht es an die Automatisierung der Aufgaben und Prozesse mit verschiedenen Technologien.
Dieses Vorgehen macht eure Automatisierungsinitiative natürlich komplexer und aufwendiger. Außerdem kommt durch die Workflow Engine eine weitere Technologie zum Einsatz. Daher solltet ihr dafür sorgen, dass eure Herangehensweise von allen verstanden und unterstützt wird. Die Kommunikation ist auch in Bezug auf eine weitere Herausforderung wichtig: in eurem Pilotprojekt werden erste Erfolge generiert und sichtbar gemacht. Häufig ist die Begeisterung für Automatisierung und somit die Nachfrage bei euch im Unternehmen nach weiteren Automatisierungen erstmal sehr hoch. Geht ihr aber zunächst den „Umweg“, um euch mehr auf die Prozessebene zu konzentrieren, kann diese Begeisterung schnell wieder abebben. Um dem entgegen zu wirken, solltet ihr alle Beteiligten und Interessierten auf dem Laufenden halten und weiterhin im Unternehmen für Prozessautomatisierung werben.
Wichtig ist natürlich, dass ihr das für euch passende Tool aussucht. Häufig eingesetzte Tools sind z.B. Camunda, Pega und Integromat. Statt „wild drauf los zu automatisieren“ solltet ihr erst einmal das passende Tool finden. Habt ihr euch einmal genug Zeit für eure Prozesse genommen, sollte einer nachhaltigen erfolgreichen Automatisierungsinitiative nichts mehr im Weg stehen.