Der Einsatz von Robotic Process Automation (RPA) verspricht eine hohe Steigerung der Prozesseffizienz. Den Softwareanbietern ist es mit ihren Low-Code-Anwendungen außerdem gelungen, die Implementierung und den Betrieb der Roboter vergleichsweise einfach und somit auch für Nicht-Fachleute umsetzbar zu gestalten. Ein RPA-Projekt bedeutet aber mehr als die bloße Programmierung von virtuellen Robotern und den Aufbau einer prozessoptimierten Struktur. Welchen Weg wir mit unseren Kund*innen in ihrer RPA Journey gehen und was aus unserer Erfahrung bei der RPA Einführung beachtet werden sollte, möchten wir mit euch teilen.
RPA Implementierung – Langfristig und mit Blick auf das große Ganze
Bei der Neueinführung von RPA verfolgen wir immer einen ganzheitlichen Ansatz. RPA sollte nicht nur als eine weitere Technologie von vielen, sondern als zentraler Baustein auf dem Weg zur Hyperautomation gesehen werden. Mit dem unternehmensweiten Einsatz von RPA optimieren wir Prozesse dahingehend, dass sie möglichst effizient in Zusammenarbeit von Mensch und virtuellem Roboter ausgeführt werden. Das Ziel ist es, Mitarbeiter*innen von sehr einfachen, ermüdenden und wenig wertschöpfenden Aufgaben zu entlasten, sodass mehr Zeit für kreative, komplexe oder kundenorientierte Aufgaben geschaffen wird. Aus unserer Sicht sollten Unternehmen jedem*r Mitarbeiter*in ein virtueller Roboter zur Seite stellen.
Was ist Hyperautomation?
Hyperautomation ist laut dem Trendforschungsunternehmen Gartner der wichtigste Technologietrend 2020 . Der Begriff beschreibt den kombinierten Einsatz verschiedener Technologien, um intelligentere Automatisierungslösungen zu schaffen. RPA ist dabei die Kernkomponente. Allein eingesetzt können aber nur regelbasierte Prozesse abgebildet werden. Mithilfe weiterer Technologien, wie z.B. Machine Learning, Künstliche Intelligenz, Process Mining, Analytics uvm. werden virtuelle Roboter intelligenter und können auch komplexere Prozesse mit Entscheidungspunkten umsetzen.
Bei der Einführung von RPA solltet ihr euch nicht rein auf die Implementierung der Technologie konzentrieren, sondern den Blick auf das große Ganze haben. RPA verändert die Art zu arbeiten und eröffnet einem Unternehmen neue Möglichkeiten. Insbesondere die drei Bereiche Prozesse, Vision & Strategie sowie Governance & Mitarbeiter*innen solltet ihr bei eurer RPA Initiative fokussieren.
RPA Prozesse identifizieren und auswählen
Grundsätzlich muss ein Prozess einige Voraussetzungen erfüllen, um für RPA geeignet zu sein. Gerade in der Anfangsphase der RPA Implementierung, beispielweise in einem Pilotprojekt, solltet ihr bei der Prozessauswahl aber weitere Merkmale berücksichtigen. Ein Pilot ist nicht nur ein Test, sondern auch ein Aushängeschild im Unternehmen und soll die Wahrnehmung und Akzeptanz für die Nutzung der neuen Technologie steigern. Deshalb empfehlen wir zu Beginn einen Prozess auszuwählen, bei dem die Automatisierung einfach umzusetzen ist und einen sichtbaren Mehrwert leistet. Wählt ihr einen Prozess, der ein hohes Volumen und hohe Kosten aufweist und sich merklich auf die Zufriedenheit von Kund*innen und Mitarbeiter*innen auswirkt, wird der Erfolg des RPA Projekts sichtbar. Mit der Zeit und wachsender Erfahrung könnt ihr dann komplexere Prozesse automatisieren, die den Einsatz weiterer Technologien erfordern. So bewegt ihr euch iterativ immer weiter in Richtung Hyperautomation.
Um eine Prozessauswahl zu treffen, muss man die Prozesse natürlich erstmal identifizieren. Und das stellt sich oftmals als gar nicht so einfach heraus. Die zentrale Identifikation z.B. durch ein RPA Projektteam oder in Form eines Top-Down-Ansatzes erfasst in der Regel nur sehr große Prozesse. In den meisten Unternehmen herrscht wenig Transparenz über Prozesse und das Wissen liegt vor allem dort, wo die Prozesse durchgeführt werden. Deshalb bietet es sich an, einen hybriden Ansatz für die Prozessidentifikation zu wählen, in dem das Prozesswissen top-down und bottom-up zusammengeführt wird. Langfristig kann es auch helfen, ein Process Mining Tool einzuführen, das Prozesstransparenz herstellt und RPA Potentiale aufzeigt.
RPA Governance einführen und Mitarbeiter*innen einbinden
Weitere wichtige Aspekte bei der RPA Einführung sind die Mitarbeiter*innen und der Aufbau von Strukturen. Möchtet ihr RPA ganzheitlich implementieren, hat das Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen und jede*n Mitarbeiter*in. Deshalb ist es zum einen sinnvoll, dass ihr eine Governance einführt und ein RPA Team aufbaut. Zum anderen solltet ihr eure Mitarbeiter*innen im Change Prozess begleiten.
Sicherheit & Compliance
Mit der Einführung von RPA kann sich der Umgang mit Prozessen grundlegend ändern. Außerdem kommen neue Prozess- und Systemsicherheitsfragen auf: Auf welche Systeme greift der virtuelle Roboter zu, wie verarbeitet er welche Daten und welche Zugriffsmöglichkeiten haben verschiedene Mitarbeiter*innen auf die Roboter? Für diese und viele weitere Fragen ist es sinnvoll, wenn ihr eine RPA Governance einführt. Dabei handelt es sich um Richtlinien und Standards für die Automatisierung, die Sicherheit und Entscheidungsprozesse.
RPA Kompetenz
In der Regel wird im Zuge einer RPA Implementierung ein Center of Excellence (CoE) aufgebaut. Dieses RPA Team besteht aus Expert*innen, die für die Entwicklung, den Betrieb von Robotern und den Support zuständig sind. Zusätzlich zu dieser zentralen RPA Instanz könnt ihr in den Fachabteilungen dezentral RPA Know-How aufbauen, sodass die Mitarbeiter*innen dort unter der Koordination und der Unterstützung des CoE Prozesse identifizieren und ggf. selbst automatisieren können. Das CoE wird so zum unternehmensweiten Bindeglied für RPA und kann dafür sorgen, dass Prozessideen und -Automatisierungen von allen an alle weitergegeben werden. Oft unterschätzt wird der laufende Betrieb der virtuellen Roboter. Das CoE sollte dafür ausreichend Kapazitäten einplanen und Maintenance-Konzepte entwickeln.
Change Management
Eine ganzheitliche Einführung von RPA bedeutet, dass jede*r Mitarbeiter*in mit der Technologie in Berührung kommt. Die Art zu arbeiten kann sich stark ändern. Daher kann es sinnvoll sein Change Manager*innen einzusetzen, um eure Beschäftigten bei der Umstellung zu begleiten und ihnen Ängste zu nehmen. Neben Trainings empfehlen wir vor allem Leuchtturmprojekte, Workshops und eine gute Kommunikationsstrategie, um das Verständnis und die Akzeptanz von RPA zu steigern. Auch die Zusammenarbeit kann vom Wandel betroffen sein. Durch den Einsatz von RPA können sich Schnittstellen und somit der Aufbau von Organisationen verändern. Außerdem lebt eine erfolgreiche RPA Implementierung davon, dass Mitarbeiter*innen Automatisierungsideen und -Lösungen teilen. Agile Arbeitsweisen können euch bei den hier entstehenden Herausforderungen unterstützen.
Rollen
Mit dem Einsatz von RPA entstehen neue Rollen. Die Definition dieser Rollen stellt nicht nur sicher, dass Aufgaben und Zuständigkeiten geklärt sind. Auf die Rollen zugeschnittene Trainings helfen dabei, den Mitarbeiter*innen das Thema RPA näher zu bringen und sie gezielt auszubilden. Die Rollen haben dabei unterschiedlich starke Auswirkungen auf die bisherige Arbeit. Mitarbeiter*innen, die Teil des CoE werden, werden zu RPA Expert*innen ausgebildet und tauschen ihre alte Rolle gegen die neue aus. Dagegen behalten sog. RPA Citizen Developer*innen und User*innen die bisherigen Rollen, ergänzt durch Unterstützung eines virtuellen Roboters. Citizen Developer*innen können die geschaffene Zeit z.B. nutzen, um Aufgaben für sich oder Kolleg*innen zu automatisieren. RPA User*innen benutzen die Roboter lediglich und leisten keine Entwicklungsarbeit. Sie können durch die Entlastung neue komplexe Aufgaben übernehmen.
Die RPA Vision mithilfe einer Strategie umsetzen
Wählt man den ganzheitlichen Weg in Richtung Hyperautomation, können durch RPA Implementierungen zum einen enorme Einsparungspotentiale freigesetzt werden und zum anderen die Zufriedenheit der Kund*innen und Mitarbeiter*innen gesteigert werden. Auch wenn die Einführung von RPA technologisch gesehen „minimalinvasiv“ ist und in der bestehenden Infrastruktur stattfindet, lohnt es sich erfahrungsgemäß kaum die Technologie für Kurzzeitengpässe einzusetzen. Entscheidet ihr euch für den langfristigen und ganzheitlichen Weg, solltet ihr schon früh eine RPA Vision ausarbeiten und mit einer Strategie festhalten, wie ihr diese Vision umsetzen wollt. Die Vision sollte sich an den Bedürfnissen und Herausforderungen im Unternehmen orientieren. Bei der Ausarbeitung der Strategie kann es helfen den Weg zur Erreichung der Vision in „Reifegrade“ zu strukturieren. Die Reifegrade legen fest, in welcher Zeit man sich in welchen Bereichen wie stark weiterentwickeln möchte. Diese Bereiche können z.B. Rollen, Prozesse, eingesetzte Technologie und Betriebsmodelle sein.
Fazit: RPA Implementierung – Eine vielschichtige Reise
Mit der Einführung von RPA begebt ihr euch in einen technologischen und kulturellen Wandel. Die Aufgabe ist herausfordernd, kann eure Prozesslandschaft aber auf ein ganz neues Level heben und den Arbeitsalltag eurer Mitarbeiter*innen abwechslungsreicher machen. Wir begleiten euch gerne auf dieser Reise.